Den gesamten August habe ich letztes Jahr (2018) in Warschau verbracht, weil ich dort an einem
Sprachkurs des Warschauer Polonicums teilgenommen habe. Mein Ansporn war es, die polnische
Sprache besser zu erlernen. Von Montag bis Freitag fand am Vormittag der Unterricht statt, und
nachmittags durften die Studenten ihrem Interesse nach aus zahlreichen Workshop-Angeboten einen
Kurs auswählen. Die Nachmittagsstunden boten die Möglichkeit, bei historischen Vorträgen und
Theaterworkshops, Filmen, Spielerunden und Karaoke, je nach eigenem Sprachniveau, das bereits
Erlernte zu vertiefen und zu erweitern.
Vor allem die aktiven Mitmachangebote, die Musik- und Theaterkurse, waren für mich ein Weg, der
Sprache kreativ und spielerisch zu begegnen. Das Lernen fand natürlich nicht nur an der Universität
statt, sondern auf besondere Weise im alltäglichen Leben. Ich denke, dass die Unterhaltungen mit
den Menschen auf der Straße, im Restaurant und auch beim Einkaufen für mich sehr wichtig waren,
weil Lernen somit nicht nur aus strengem Aneignen von Vokabeln oder dem Kampf mit der schweren
Grammatik bestand, sondern einfach zuhören und mitmachen verlangte. So rückte für mich, trotz
meiner wenigen Kenntnisse viel mehr in den Vordergrund, dass Sprache stets eine Brücke schlägt, um
mit den Menschen ins Gespräch zu kommen, also mit ihnen in Beziehung zu treten. Ich habe sehr viel
Geduld und Wohlwollen erfahren dürfen, und das war und ist für mich ein großartiges Geschenk.
Natürlich dachte ich zunächst, es wird für mich zu schwer sein, mich die ganze Zeit auf Polnisch zu
unterhalten. Mit Freunden sprach ich anfangs ohnehin mehr Englisch und Deutsch, weil mir noch die
Worte fehlten, um einen ganzen Satz bilden zu können. Wunderbar war hingegen der Moment, in
dem ich verstand, dass ich immerhin schon etwas konnte, zu Beispiel mich anderen vorzustellen.
Plötzlich hatte ich keine Angst mehr davor, einfach loszusprechen.
Ich hatte noch weitere tolle Erlebnisse. An einem Wochenende fuhr ich beispielsweise nach
Częstochau, einem bekannten Ort, der südlich von Warschau liegt und an einem anderen nach
Sokółka, das an der Grenze zu Litauen im Nordosten liegt. Es waren kurze, aber sehr eindrucksvolle
Ausflüge. Ich finde, Polen hat viele schöne Regionen, und jede hat mit ihrer eigenen Landschaften
ihren ganz eigenen Charme. Das gefällt mir an Polen so sehr.
In Warschau hat es mir jedoch die Altstadt am meisten angetan, deswegen lief ich gern durch die
schmalen Gässchen an den winzigen Geschäftchen und Cafés entlang. Außerdem besichtigte ich das
königliche Schloss, zahlreiche Museen und sah mir auch einen Film im Kino an. Zwischendurch ruhte
ich mich gern mit Freunden in den prächtigen Parkanlagen aus oder hielt mich in der Bibliothek auf,
bis die Mittagshitze verschwunden war. Ab und zu gingen wir Studenten in eine der traditionellen
Milchbars zum Mittagessen, weil die Gerichte dort günstig und lecker sind. Ob Pfannkuchen,
Schweinekotelett oder Tomatensuppe, ich merkte, die polnische Küche ist einfach gut!
Weil ich das Fahrradfahren liebe, hatte ich mein eigenes Rad aus Deutschland mit nach Warschau
genommen. Die schönsten Wege führten mich entlang der Weichsel etwa 34 Kilometer von der
Hauptstadt südöstlich nach Góra Kalwaria. Bei herrlichem Wetter verbrachte ich den ganzen Tag in
der Natur und meinte, ich sei im Urlaub angekommen.
Schlussendlich war es einfach großartig, im Rahmen der Uni so viele neue Leute aus allen Teilen der
Erde treffen zu können und mit ihnen gemeinsam eine Sprache zu lernen, die in einem einzigen, nicht
gerade großen Land wie Polen gesprochen wird. Das große Finale der Abschlussfeier, bei der wir
Studenten Polonaise tanzten, blieb mir noch lange in Erinnerung...